Online Reparaturannahme 2.0 - Eine Case Study
Die deutsche Juwelier- und Uhrmacherkette CHRIST bietet ihren Kund:innen eine Online-Reparaturannahme an, mithilfe derer Schmuckstücke und Uhren direkt zu CHRIST geschickt werden können. Wie CHRIST und brandpfeil diesen Prozess digitalisiert haben, erfahren wir im Interview mit Constantin Klause, Leiter Logistik und Werkstätten bei CHRIST sowie Michael Friedrich, GF bei brandpfeil.
von Lara
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29. November 2021
29.11.2021
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Lesedauer: ca. 3 Minuten
Wie einfach „offline“ doch sein kann: Eine Kundin geht in eine CHRIST-Filiale und beschreibt ein Problem mit ihrer Uhr. Die voraussichtlich notwendige Reparaturleistung wird vor Ort bestimmt, ein Preisbereich festgelegt und das Objekt in die richtige CHRIST-Werkstatt geschickt. Nach der Reparatur wird die Uhr an die Filiale zurückgesendet und an die Kundin übergeben. – Alle sind glücklich.
Willkommen in 2021! Kund:innen erwarten zu Recht, dass die Reparaturannahme und jegliche damit verbundene Kommunikation auch digital funktionieren.
Diesem Anspruch haben sich brandpfeil und CHRIST in einem gemeinsamen Projekt gestellt. Dieses beleuchte ich im Interview mit Constantin Klause, Leiter Logistik und Werkstätten bei CHRIST, und Michael Friedrich, Geschäftsführer von brandpfeil.
Die Ausgangssituation
Johanna: Constantin, was war Eure Ausgangssituation bei CHRIST und warum habt ihr euch dafür entschieden ein neues Diagnosetool einzuführen? Wart Ihr unzufrieden mit eurem Reparaturservice?
Constantin: Wir nehmen in 200 CHRIST Filialen Kundenreparaturen jeglicher Art und Weise an. Das geht vom Austausch des Armbandes einer Fossil-Uhr bis zum Batterieersatz oder der Komplettrevision hochwertiger Uhren wie einer Breitling, Rolex oder Cartier. In der Theorie kann das in jeder Filiale passieren.
Die handwerkliche Reparaturleistung wiederum erbringen wir mit ungefähr 60 Kolleg:innnen in sechs Werkstätten. Das gilt sowohl für Uhren als auch für Schmuck, wo wir gerissene Ketten reparieren, Ringe verkleinern oder vergrößern sowie individuelle Anfertigungen machen. Dafür haben wir zwei Goldschmiedewerkstätten und diverse Goldschmied:innen.
Wir haben also ein sehr breites Portfolio und ein ziemlich dichtes Netz, in dem wir alle Reparaturleistungen selbst erbringen können.
Johanna: Und wie wickelt Ihr das Ganze administrativ und technisch ab?
Constantin: Um den Prozess mit allen Schritten von „Ware wird angenommen“ bis hin zu „Ware geht repariert zurück zum Kunden“ abzubilden, nutzen wir ein internes, auf Datenbanken basierendes, System.
Unsere Werkstätten sind spezialisiert und zertifiziert – so reparieren wir Breitling, und Nomos an einem, Cartier, IWC, Fossil usw. an anderen Standorten.
Das heißt, die Ware muss entsprechend verteilt werden. Hinzu kommen die Kundenkommunikation und die Ersatzteilbestellung, und das Ganze für über 150.000 Uhren im Jahr.
Johanna: Wie seid Ihr denn die Digitalisierung hier angegangen?
Constantin: Vor zwei Jahren erstellten wir zunächst eine erste Online-Reparaturannahme. Wir wollten testen, wie viele Kunden ihre Reparatur von Zuhause aus aufgeben wollen, Dafür haben wir einen simplen Piloten gebaut, im Wesentlichen eine Seite mit unserer Preisliste, die auf der CHRIST-Website verlinkt war.
Die Kund:innen konnten mit wenigen Klicks aussuchen, welche Reparaturleistung sie haben möchten, ihre Daten und ein Foto hochladen. Anschließend bekamen sie ein Versandlabel, sendeten ihre Uhr oder ihr Schmuckstück ein, wir haben dieses dann repariert zurückgesendet.
Wir müssen besser verstehen, was die Kund:innen wirklich möchten, auch online. - Constantin Klause
Mit diesem Piloten haben wir ungefähr 1,5 Jahre gearbeitet und dabei erkannt, dass wir besser verstehen müssen, was die Kund:innen wirklich möchten. Dazu kann die Diagnose, also die Benennung der Leistung, die der Kunde braucht, durch die Heterogenität der Produkte nicht mehr durch die Kolleg:innen in den Filialen abgebildet werden.
Dieser Gedanke war schon vor Corona da, mit Ausbruch der Pandemie wurde es aber immer wichtiger, auch online verstärkt für die Kund:innen da zu sein.
Johanna: Was sind denn die wesentlichen Fragen, die Kund:innen hier interessieren?
Constantin: Am meisten interessieren die Kund:innen drei Fragen:
Was ist eigentlich der Fehler?
Was kostet die Reparatur?
Wie lange dauert das?
Mit der Beantwortung dieser Fragen kann man das Vertrauen der Kund:innen gewinnen – aber auch verlieren.
Daraus ergab sich für uns die Fragestellung: „Wie bekommen wir es hin, die Intelligenz der Diagnose zu systematisieren und uns weniger von einzelnen Experten abhängig zu machen?“ – damit sind wir an brandpfeil herangetreten.
150.000Uhren repariert CHRIST im Jahr.
Johanna: Damit hast du schon einen Anspruch genannt, den ihr an das Online-Diagnosetool hattet, gab es noch weitere Ansprüche, die euch wichtig waren?
Constantin: Als wir gestartet sind, dachten wir zunächst, dass wir einfach alles neu machen und ich wollte natürlich wissen, wie schnell das geht und welche Kosten dabei auf uns zukommen. Dann reifte allerdings die Erkenntnis bei uns, dass es gar nicht so einfach ist, jemandem zu erklären, was wir eigentlich wollen: Einerseits, weil wir selbst verstehen mussten, wo eigentlich das Problem ist, andererseits aber auch, weil das Thema sehr komplex ist.
Wir haben dann das Thema heruntergebrochen und entschieden, die Ersatzteillogistik, die Auftragskommunikation zu den Filialen sowie das CRM-System später anzufassen. Somit konnten wir uns auf die Diagnose und Reparaturannahme konzentrieren und hier komplett neu denken.
… hier endet der erste Teil unseres Interviews.
Stay tuned!